In Sindelfingen ist Morgen schon Heute

Da Falsche Neun mittlerweile als Deutschlands versiertester und fehlerfreiester Fußball-Blog manifestiert ist, freute es mich, zum Jahresbeginn nach Sindelfingen zum Mercedes-Benz Junior Cup eingeladen worden zu sein. Im mittlerweile 25. Jahr trafen sich dort die U19 Teams diverser namhafter Mannschaften wie Manchester United, Borussia Mönchengladbach, Schalke 04, Celtic, Fenerbahce Istanbul uvm. Passend zu den Jubiläumsfeierlichkeiten konnte man außerdem auch darauf verweisen, dass einige amtierende Weltmeister in jungen Jahren schon in Sindelfingen zauberten. Manuel Neuer, Mesut Özil, Sami Khedira und Benedikt Höwedes sind schon beim Mercedes-Benz Junior Cup durch den Glaspalast gesprungen, als sie der Pubertät näher als einem Profivertrag waren.

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Ich möchte übrigens festhalten, dass ich „Glaspalast“ für einen der deutschlandweit schönsten Namen für eine Mehrzweckhalle halte. Aber zurück zum Thema. Bei den langen Listen von späteren Bundesliga Stars, schaut man den jungen Kickern natürlich umso genauer auf die Füße und Namen. Vielleicht kann man am Stammtisch bei der WM 2018 dann eine Gratis Schale Erdnussflips ergattern, wenn man damit glänzt, die halbe Mannschaft natürlich schon viel früher als alle anderen im Auge gehabt zu haben.

Neben dem spielerischen Aspekt ist das gesamte Rundherum aber mindestens genauso interessant. Wo ist es schließlich schon so, dass man einer Gruppe junger Menschen zuschaut, die sich relativ gewiss sein können, dass einige von ihnen in ein paar Jahren deutschlandweit bekannt sein werden (und nur mittelmäßige Geldsorgen haben werden). Ich habe zumindest noch nie derart viele perfekte Frisuren und eine solche Vielfalt an aktuellen Fußballschuhmodellen gesehen. Im Programm heft sah man Fotos aus dem vergangenen Jahr, wodurch deutlich wurde, dass sich ein Spieler der Grasshoppers Zürich im Zuge seiner Volljährigkeit direkt beide Arme hat komplett zutätowieren lassen. It’s a long way to the top, if you wanna Rock n Roll!

Es kommt also nicht von ungefähr, dass der Schalker Jugendtrainer Norbert Elgerts gegenüber dem Königsblog sagte, dass es neben dem Sport für die Spieler bei diesem Turnier natürlich auch um die Erfahrungen neben dem Platz geht. Endlich mal vor vollem Haus spielen, das Fernsehen ist da und der ein oder andere wird auch mal zum Interview gebeten. Von den kleinen Autogrammjägern ganz zu schweigen. Es ist übrigens sehr interessant zu sehen, wie Jugendspieler darauf reagieren. Während einige schon die Maxime aus Blickkontakt vermeiden und mit zwei Kringeln unterzeichnen perfekt beherrschen, brauchen andere eine halbe Minute für eine Unterschrift. Das müssen wir noch mal üben!

Auf dem Platz wiederum erkannte man bei fast jedem Team, dass die Spielphilosophie des jeweiligen Profiteams auch schon in der Jugendarbeit zu erkennen ist. Das passt zwar nicht ganz mit der Tatsache zusammen, dass Manchester United gegen den VfB Stuttgart im Finale stand, aber egal. In jedem Fall wurde durchweg äußerst ansehnlicher Fußball geboten. Die kommen Mal noch groß raus! Sag ich jetzt schon! Merkt euch das! Schade eigentlich, dass ich nicht schon viel früher Mal dort war, denn es ist sicherlich interessant zu sehen, wie die Jugendarbeit der Bundesligaclubs in den letzten 25 Jahren professionalisiert wurde.

Und überhaupt war es mal wieder schön, dieses wohlige Gefühl von Hallenfußball zu verspüren, bei dem man automatisch an einen Samba tanzenden Mario Basler im DSF und dergleichen denken musste. Neben all der Professionalisierung auf dem Platz ist es ansonsten noch sehr angenehm familiär. Zum Beispiel sind die meisten Mitarbeiter/innen zwischen Kaffee, Kuchen und Bockwürsten ehrenamtlich dort, damit am Ende des Wochenendes die Einnahmen ihren jeweiligen Vereinen zu Gute kommen. (Nein, nicht den anwesenden Bundesligavereinen, sondern den Vereinen rund um Sindelfingen.) Noch besser allerdings ist die Tatsache, dass es neben dem Profi-Turnier der U19 Mannschaften auch noch ein Mercedes-Benz Azubi Turnier gibt. Aus allen Werken Deutschlands werden die besten Azubi-Kicker herausgefiltert, um gegeneinander anzutreten. Netter Bonus dabei ist, dass sich jeweils eine Profi-Mannschaft die Kabine mit einer Azubi-Mannschaft teilt. Dadurch entstehen dann niedliche Türschilder wie zum Beispiel: „Manchester United – Werk Mannheim“.

So war es also eigentlich eher ein Gefühl von großem, familiären Sportfest, statt Hallenturnier. Inklusive dem ständigen bereit dafür sein, Leistungen abzurufen. Allerdings ist hier das einzige Manko des Wochenendes zu vermerken: Leider scheint sich die Welt der deutschen Sportblogger und -journalisten derart an das Sitzen gewöhnt zu haben, dass sich trotz nagelneuem Kunstrasen im Glaspalast (in einem PALAST!) nicht genügend Leute für einen Kick außerhalb der Wertung fanden. Muss ich jetzt also doch Azubi bei Mercedes-Benz werden.

Folgende Namen notiere ich hier jetzt mal, um in ein paar Jahren darauf zurückzugreifen:
Carston Pereira (Manchester United)
Joe Riley (Manchester United)
Cameron Borthwick-Jackson (Manchester United)
Marius Funk (VfB Stuttgart)
Djon Ramaj (VfB Stuttgart)
Gianluca Rizzo (Borussia Mönchengladbach)
Michel Lieder (Borussia Mönchengladbach)
Aiden Nesbitt (Celtic Glasgow)
Benedikt Gimber (Hoffenheim)
Adrian Beck (Hoffenheim)
Janik Schilder (Schalke 04)

Alle Fotos: Mercedes-Benz/GES Sportfoto