Kategorie: Philosophie

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  • Danke für die Ehrlichkeit


    Keine Woche vergeht ohne neue Meldungen, bei denen man sich regelmäßig fragt, wann der Urheber zwischen seinen ganzen BWL-Fortbildungen wohl das letzte Mal einfach nur in Ruhe ein Fußballspiel geschaut und mitgefiebert hat. Von Bundesligaspielen in China ist die Rede, Partnerschaften mit Gazprom oder Katar sind längst Normalität und in regelmäßigen Abständen wird über zu geringe Fernsehgelder gejammert. Sonst könne man nicht mit der Premier League mithalten. Also mit der Liga, wo „The Special One“ gerade mit dem teuersten Verein der Welt auf Platz 7 der Tabelle steht.

    Immerhin hat die Plastisierung dieser Liga zur Folge, dass zwischen den ersten fünf Rängen lediglich ein Punkt Abstand liegt und all diese Teams es sich selbstverständlich auch als Ziel gesetzt haben, Meister zu werden. In Deutschland hingegen gibt es drei Tage lang eine Diskussion darüber, ob ein Selfiejubel nun überzogen ist oder nicht und jeder halbwegs erfolgreiche Verein übt sich darin, dass „wir denken nur von Spiel zu Spiel“ Mantra in den Interviews aufzusagen. Statt Kampfansagen im Ligaalltag, werden sich vor den Bayernspielen neuerdings gelbe Karten abgeholt, da man das Spiel eh schon vor Saisonbeginn gestrichen hat. Schuld daran ist natürlich der FC Bayern selbst. Die machen die Liga langweilig, weil sie so gut sind. Muss man sich mal überlegen. Da muss also wirklich erst eine Brausefabrik daher kommen und zeigen, was so geht, wenn man einfach mal hier und da was richtig macht und auf dem Platz etwas mehr aufdreht? Schade.

    Umso erfrischender also, wenn es zwischen vorgetexteten Social-Media-Posts und Selfiejubeldiskussionen mal wieder etwas Ehrlichkeit gibt. St. Pauli Trainer Ewald Lienen ist derzeit als Tabellenletzter wahrlich in keiner guten Situation. Aber statt den gewohnten nichtssagenden Phrasen der Schadensbegrenzung wählte er während der letzten Pressekonferenz einen anderen Weg. Nach dieser vierminütigen Rede will man sofort raus auf einen verregneten Bolzplatz rennen und alles für Ewald Lienen geben:

    Kurz darauf setzte auch Freiburgs Trainer Christian Streich zu einer emotionalen Brandrede an und fragt sich, was das eigentlich soll, dass Trainer zunehmend zu überwachten Hampelmännern werden.

    Danke für das kleine Bisschen Ehrlichkeit, als zunehmend nötig werdender Gegenwind.

  • War nicht so gemeint: Markenbotschaftbotschafter Oliver Kahn

    In der vergangenen Woche sorgte Oliver Kahn für Aufregung. Zum einen, weil er auf einmal aussah wie eine BWL-Version von Campino von den Toten Hosen:

    … zum anderen weil er eine große neue Aufgabe ankündigte. Um es möglichst geheimnisvoll zu machen bediente er sich dabei der Mimik von Bernd Stromberg und der Gestik diverser Vertreter der Muppet Show:

    Von einem Countdown von 5 Tagen ist die Rede, das Setting des kurzen Videos lässt aber natürlich einiges vermuten. Schließlich lässt der FC Bayern in letzter Zeit vor genau diesem Vereinswappen im Used-Look seine Neuvorstellungen und Spieler mit Vertragsverlängerungen zum Fototermin auflaufen:

    Ein genauerer Blick verrät allerdings, dass es sich hier nicht um die gleichen Kunstwerke handelt. Aber ist ja letztlich nur zur Veranschaulichung gedacht. Oder? In den Tagen darauf startete Oliver Kahn besagten Countdown und ließ dabei keinen Querverweis zur Säbener Straße aus. Sei es nun mit der Wahl des Musters …

    Oder einem Bildmotiv, welches beim allgemeinen Fußballfan des FCB direkt Erinnerungen an so manche Meisterschaft und Champions-League-Nacht hervor ruft.

    Was wird das Ganze also? Wird Oliver Kahn neuer Torwarttrainer des FC Bayern? Bekommt er, passend zum neuen Rasen in der Allianz Arena, den Vorzug vor Lothar Matthäus als neuer Greenkeeper? Oder macht er gar den Michael Jordan und stellt sich noch mal beim KSC ins Tor? Schließlich liegen doch dort seine Wurzeln.

    Heute morgen war die Katze endlich aus dem Sack: So ziemlich jedes Magazin mit Sportteil berichtete, Kahn würde neuer Markenbotschafter des FC Bayern werden. Speziell für den Raum Asien, da er sich dort besonders großer Beliebtheit erfreut.

    Nun ja … stimmt aber gar nicht. Also wird überall fleißig gelöscht und editiert. Am schönsten beim Focus: Das Video mit dem Bericht zum neuen Job von Kahn bleibt bestehen, aber darunter findet sich nun ein kleines Update. Hat nicht sollen sein.

    Aber was macht Kahn denn dann, wenn er zu seinen Wurzeln zurück kehrt? Goalplay! Eine Mischung aus Equipment und Trainingsvideos für junge Torhüter. Ähm okay.

    Und was hat das jetzt mit dem FC Bayern zu tun? Nichts natürlich. Aber es zeigt zwei Dinge ganz hervorragend:

    1) Mit ein paar Postings auf Facebook und Twitter kann man diverse große Medienhäuser Deutschlands komplett durcheinander bringen und auf falsche Fährten bringen. Kein neues Phänomen, aber zunehmend beunruhigend. Immerhin kamen hier zumindest die anfänglichen Aussagen von Kahn selbst und nicht wie zum Beispiel beim Kinofilm „Die Mannschaft“ der mit dem Zitat eines Fake-Twitterprofils von Steven Gerrard beginnt.

    2) Das Verhältnis zwischen Spieler und Fan wird zunehmend bizarrer. Selbstverständlich ist Oliver Kahn kein aktiver Spieler mehr und doch schauen natürlich Unmengen an Fans zu ihm auf. Dementsprechend groß ist gerade der Trubel auf seiner Facebook-Seite. So manche hatten sich auf eine Rückkehr des Titans beim großen FC Bayern gefreut. Endlich wieder etwas mehr Charakter zwischen Quatar-Sponsorings und China-Promo. Nix war’s. Stattdessen setzt Kahn selbst zum Täuschungsmanöver an, um ein paar müde Klicks einzufangen. Klar, er kann sich jetzt zurücklehnen, schließlich hat er ja nie behauptet, wieder beim FCB aktiv zu werden. Doof ist’s trotzdem. Erst recht wo man in letzter Zeit den Eindruck hatte, Kahn hätte mittlerweile eine fähige Agentur an der Hand, die seine Social-Media-Auftritte betreut. Der Aufruhr ist geglückt, nur die Herangehensweise ist äußerst fragwürdig.

    Was letztlich davon übrig bleibt ist, dass man sich ein weiteres Mal fragen muss, ob man als Fan überhaupt noch ernst genommen wird. Keine Woche ohne zum Teil plumpe Schleichwerbung auf Instagram, Fanmeilen auf Facebook und nichts als leere Phrasen unter austauschbaren Pressefotos. Spiel war gut: weiter so. Spiel war nicht so gut: 110% geben. So lassen sich rund 95% aller Social-Media-Auftritte von Fußballprofis zusammenfassen. Dazwischen wird noch ein bisschen der Swag aufgedreht und Hauptsache kein Firmenlogo wird verdeckt oder vom Bildrand angeschnitten. Fußballer, die Social Media aktiv zum Fankontakt nutzen kann man in der Bundesliga an einer Hand abzählen. Das kann man manchmal verstehen, da Fußballfans meist kein wirklich besonnenes Diskussionspublikum sind, aber für komplett dumm verkauft zu werden kann doch auch nicht der richtige Weg sein.

  • Die Historie der Fußballtaktik im monumentalen Rasenfunk


    Im Podcasthause Rasenfunk wurde neben der wöchentlichen Ausgabe der Schlusskonferenz mal eben noch eine monumentale Sonderausgabe des „Tribünengesprächs“ aufgenommen. Morgen erscheint „Vom Libero zur Doppelsechs“ von Tobias Escher von spielverlagerung.de und passend dazu wurde einmal in Podcastform die gesamte Taktikhistorie des Fußballs aufgerollt. Das Ergebnis ist eine Schatztruhe gefüllt mir über FÜNF Stunden feinstem Fußballnerdkram.

    In den 90ern wären dafür „Time Life“ CD-Box-Werbespots hoch und runter gelaufen, jetzt gibt es das Ganze einfach so als Download, woop woop! Großes Lob an den Rasenfunk!


    » Download (MP3, 310 MB)
    » Rasenfunk abonnieren

    Inhalt:

    • Anfänge der Fußballtaktik (ab 00:19:53)
    • Die Pyramide (ab 00:28:28)
    • Die Änderung der Abseitsregel (1925) (ab 00:41:35)
    • WM-System (ab 00:49:52)
    • Kontinentaleuropa emanzipiert sich (ab 01:05:33)
    • Donau-Schule (Hogan & Meisl) (ab 01:07:49)
    • Metodo – der italienische Stil (ab 01:17:18)
    • Entwicklung in Deutschland: Flachpass, Kreisel & Nerz (ab 01:21:27)
    • Sepp Herberger (ab 01:34:43)
    • Ungarns Wunderteam (ab 01:41:18)
    • Das Wunder von Bern (ab 01:52:47)
    • Catenaccio (ab 02:04:13)
    • Brasilien (ent)deckt den Raum (ab 02:21:54)
    • Entwicklung in Deutschland: Beckenbauer und Netzer (ab 02:28:13)
    • Voetball total & WM-Finale 74 (ab 02:42:18)
    • Lobanowskis Kiew und UdSSR (ab 03:04:03)
    • Arrigo Sacchis AC Milan (ab 03:14:23)
    • Cruyff krempelt Barca um (ab 03:21:30)
    • Regeländerungen: Abseits und Rückpass (ab 03:29:53)
    • Ajax Amsterdam unter van Gaal (ab 03:34:57)
    • Juventus unter Lippi (ab 03:37:45)
    • Entwicklung in Deutschland: Taktischer Tiefschlaf (ab 03:40:58)
    • Die Galaktischen (ab 03:54:24)
    • Südkorea 2002 (ab 03:56:39)
    • Griechenland 2004 (ab 03:58:11)
    • Liverpool unter Benitez (ab 04:01:19)
    • Die Invincibles unter Wenger (ab 04:02:57)
    • Jose Mourinho (ab 04:03:38)
    • Barca unter Guardiola (ab 04:08:40)
    • Spanien unter del Bosque (ab 04:19:23)
    • FC Bayern unter Guardiola (ab 04:22:14)
    • Jürgen Klopp (ab 04:38:13)
    • Thomas Tuchel (ab 04:43:34)
    • Deutsche Nationalmannschaft nach 2000 (ab 04:52:45)

    Weitere Dateiformate sowie eine sehr viel ausführliche Beschreibung des Inhalts und weiterführende Links gibt’s hier:
    » Tribünengespräch: Fußballtaktik

  • Die Mathematiker aus Midtjylland

    https://www.instagram.com/p/BB8r5OcTCCS/
    Der englische Rekordmeister mag derzeit nicht in der allerbesten Verfassung sein, dennoch ist es eine mindestens mittelgroße Überraschung, dass der dänische FC Midtjylland verdient mit 2:1 gegen Manchester United gewann. Bemerkenswerter wird die Leistung übrigens, wenn man dazu noch einmal genauer auf die Statistiken des Vereins schaut. Wegen der langen Winterpause in Dänemark ist das letzte Punktspiel bereits 2 Monate her und hat davor nur eins von 10 Spielen gewinnen können. Alles egal gegen Manchester United.

    Überhaupt lohnt auch ein Blick auf die junge Historie und Herangehensweise des Vereins, welcher erst 1999 durch den Zusammenschluss der 1. Mannschaften von Herning Fremad (gegründet 1918) und Ikast FS (gegründet 1935) entstanden ist. Beide Vereine bestehen aber weiter und unterhalten ihre eigenen Jugendmannschaften. Damit wurde ein besonders in Dänemark praktiziertes Konzept fortgesetzt, das es kleineren Vereinen ermöglichen soll, sich wirtschaftlich und sportlich dauerhaft in der obersten Spielklasse zu etablieren. Das gleiche Konzept wird auch beim FC København und dem FC Nordsjælland verfolgt.

    Die aktuelle Teilnahme an der Europa League ist übrigens der bislang größte Erfolg des FC Midtjylland, welcher in der vergangenen Saison erstmals die dänische Meisterschaft gewinnen konnte. Vor einiger Zeit gab es bei 11Freunde bereits einen ausführlicheren Bericht über den Club, welcher eine ähnliche Herangehensweise wie das Moneyball-Prinzip im Baseball verfolgt und sich dabei stark auf Wahrscheinlichkeitsrechnungen und mathematische Auswertungen stützt. Wahnsinnig spannendes Projekt!

    […] Aber das stimmt nicht: Die Tabelle lügt! Das jedenfalls glaubt Benham. Wobei es hier nicht ums Glauben geht, denn er hat Millionen damit verdient, Spielergebnisse und Tabellen weitgehend zu ignorieren. Das Modell, auf dem seine Wetten beruhen, nimmt den Zufall im Fußball ernst. Deshalb lässt Benham die Mitarbeiter in seinem Unternehmen in Kentish Town im Norden Londons vor dem Fernseher Torchancen protokollieren: die hundertprozentigen, die guten, die halbguten. Die Mannschaft mit der besseren Chancenverteilung ist das bessere Team, das ist die Kernbotschaft.

    Das hört sich logisch an, aber was ist, wenn man es auf die Praxis des Fußballs anwendet? »Unser Modell hat Borussia Dortmund zum Ende der Hinrunde als zweitbeste deutsche Mannschaft ausgewiesen und als viertbeste in Europa«, sagt Benham. Das klingt absurd, denn damals war Borussia Dortmund Vorletzter der Bundesligatabelle. Alle Welt diskutierte darüber, was beim BVB los war. Lag es an schlechten Neuverpflichtungen oder verwirrten Weltmeistern, gab es Risse im Team oder stimmte es zwischen Klopp und dem Vorstand nicht mehr?

    Vor allem auch, weil es die Arbeit der Trainer und vor allem den Umgang mit ihnen stark verändern könnte:

    Mit Halbzeitpfiff des Heimspiels gegen Silkeborg schaut Midtjyllands Trainer Glen Riddersholm beim Gang in die Kabine auf sein Handy. Seine Mannschaft hat gegen den Tabellenletzten verkrampft gespielt. Eine SMS aus der Firma von Benham in London bestätigt den Eindruck. Sie weist ein Chancenverhältnis aus, das zwar für Riddersholms Team spricht, aber nicht so klar, wie das Modell es anhand der Spielstärke beider Teams vorausgesagt hat. Auch in der zweiten Hälfte bleibt der Tabellenführer im schmucklosen 11 000-Zuschauer-Stadion unter seinen Möglichkeiten und würgt sich zu einem 1:0-Sieg. Die Zuschauer sind trotzdem zufrieden, der kleine Fanblock hinterm Tor feiert enthusiastisch, und der Metaller Kristian Bach Bak stimmt in der Kabine mit freiem Oberkörper Jubelgesänge an. Da hat die nächste SMS aus London dem Trainer längst mitgeteilt, dass seine Mannschaft vom Modell abgewertet worden ist.

    Das klingt grausam, technologisch und kalt. Ein Computer, der einem Trainer vorrechnet, wie gut seine Mannschaft ist. Aber es ist nicht grausam, im Gegenteil! Für Riddersholm bedeutet es nämlich, dass ihm niemand einen Strick daraus drehen wird, wenn ein Stürmer kurz vor Schluss den Sieg verballert oder sein Kapitän durch einen Fehlpass in der Schlussminute die Niederlage einleitet. Benham oder Ankersen werden ihn nicht dafür opfern, kein Glück zu haben. Auf der anderen Seite wird sich Riddersholm sogar bei Siegen rechtfertigen müssen, wenn die Mannschaft unter den Erwartungen gespielt hat.

    Und natürlich erst recht in Sachen Transfers:

    Zur Bewertung seiner Spieler greift Riddersholm auf in London berechnete »KPIs« zurück, Key Performance Indicators. Außerdem erkunden sie gerade, von welchen Positionen aus sie am wahrscheinlichsten Tore erzielen, um die Mannschaft demnächst gezielt dorthin spielen zu lassen. Man merkt Riddersholm an, dass sich eine ganz neue Welt der Möglichkeiten auftut. Vor allem bei der Verpflichtung von Spielern.

    Als Midtjylland im vergangenen Sommer Tim Sparv von der SpVgg Greuther Fürth kaufte, fand der Finne bald heraus, dass er den Klub nicht wechselte, weil sein Berater im richtigen Moment den passenden Anruf gemacht hatte oder ein Scout ihn an einem guten Tag gesehen hatte. Sparv war der erste Spieler, dessen Wechsel von Benhams Modell durchgewinkt worden war. Dieses stellt auch ein internationales Vereinsranking auf, das die Spielstärke eines deutschen Zweitligisten mit einem dänischen Erstligisten oder Klub aus der Premier League vergleicht. Die Fürther waren dabei in der letzten Saison höher als einige Klubs aus dem unteren Drittel der Premier League bewertet worden.

    Sparv spielte gestern gegen Manchester United übrigens als Mannschaftskapitän. Den gesamten Artikel dazu gibt es hier und jetzt darf in Midtjylland erstmal weitergefeiert werden.

    MATCH | FC Midtjylland 2 – 1 Manchester UnitedLet's dance ;o)

    Posted by FC Midtjylland on Thursday, 18 February 2016

  • Russell Brand und der moderne Fußball

    Russell Brand ist nicht nur äußerst lustig, sondern gibt gerne auch mal ein paar schlaue Gedanken von sich. Dieses Mal zu Rassismus im Fußball, Milliardenbeträge für die Premier League und wie das alles zusammenhängt.

  • Abstieg für die Inklusion

    Als Zwergenneuling der 1. Bundesliga muss sich der SC Paderborn natürlich Einiges einfallen lassen, um den finanziellen Ansprüchen der ersten Bundesliga gerecht zu werden. Allerdings hat das mittlerweile durchaus fragwürdige Formen angenommen.

    So hat der SC Paderborn im Ligavergleich zum Beispiel mit 255€ die teuerste Dauerkarte. Zum Vergleich:Beim FC Bayern sind es 140€ oder auf Schalke rund 190€. Allerdings lässt sich dies bei der Größe des Stadions (15.000) ja immer noch rechtfertigen. Irgendwoher muss das Geld ja kommen.

    Fragwürdiger wird da eine andere Preisentscheidung, die man zur neuen Saison angesetzt hat. Mit dem Aufstieg in die erste Liga wurde der Jahreskartenpreis für Schwerbehinderte auf 765€ verdoppelt. Damit nicht genug: Während Begleitperson, wie sonst überall auch gängig, kostenlos mit ins Stadion konnten, müssen die nun auch 50% des Eintrittspreises zahlen. Umgerechnet bedeutet das also: Während Schwerbehinderte in der vergangenen Saison noch für 358 Euro in Stadion konnten, werden heute 1.152,50 Euro fällig.

    Damit immer noch nicht genug, denn nicht nur die Preise, sondern auch die diesbezüglichen Regularien hat der SC Paderborn neu definiert: Während in der zweiten Liga noch eine zehnprozentige Behinderung zum Kauf eines ermäßigten Tickets berechtigte, gibt es in dieser Saison den Preisnachlass erst ab einem Behinderungsgrad von mindestens 50 Prozent.

    Der Fanbeauftragte des SC Paderborn sagte gegenüber der „Neuen Westfälischen“, dass der Verein um seine soziale Verantwortung wisse, „Aber wir nehmen die wirtschaftlichen Aspekte ebenfalls sehr ernst und passen unser Denken und Handeln entsprechend an.“

    Klar sind preispolitische Änderungen nötig, gerade wenn man als kleiner Verein in der 1. Bundesliga bestehen will. Aber das es ausgerechnet die Schwächsten, die am wenigsten für ihre Situation können, derart trifft und die Inklusion per Ticketpreis derart mit Füßen getreten wird, ist dann wohl doch ein mehr als falsches Zeichen.

    Foto: Facebook / SC Paderborn

  • Die Psychotaktiken des Tim Krul

    Eine klassische „Tod oder Gladiolen“ Entscheidung von Louis van Gaal als er kurz vorm Elfmeterschießen den Torwart wechselte. Tim Krul fiel in seinen 5 Minuten Ruhm dann vor allem durch Psychospielchen und Gerede auf, bevor er zum Held des Abends wurde.

    Mittlerweile droht ihm ein Disziplinarverfahren der FIFA, weil er seine Gegenspieler jeweils vorm Schuss angesprochen hatte. Laut eigener Aussage hat er dabei übrigens immer nur „Ich weiß, was du vor hast.“ gesagt. Und das stimmt sogar. Bei allen 5 Schützen war er in der richtigen Ecke. Und jetzt kommen seine wirklichen Psychospielchen zum Tragen. Aufgepasst:

    Wow!

    Fünf 5 Elfmetern hielt er dabei 2. Zum Vergleich: In Ligaspielen brauchte er ganze 20 Versuche um 2 Elfmeter zu halten. Wirklich leid kann einem dabei übrigens Jasper Cillesen tun, der die Niederlande 120 Minuten lang im Spiel hielt und danach nicht mal mehr ein High Five bekam:

  • Gelbgrünes Blut

    Gegen Kolumbien wurde David Luiz „Man of the Match“, zeigte eine sehr gute Abwehrleistung und schoss obendrein auch noch ein wunderbares Tor. Kurz vor Spielbeginn veröffentlichte Nike ein sehenswertes Video über ihn in dem er und sein Vater davon erzählen, was es für ihn bedeutet, für die Seleção bei der WM zu spielen.

  • Für die griechische Fussballzukunft

    Ein schöner Zug der griechischen Nationalmannschaft. In einem Brief richtete sich das gesamte Team mit einen Brief an den griechischen Premierminister. Man wolle auf Bonuszahlungen verzichten und das Geld lieber in ein Trainingszentrum für die Nationalmannschaft investieren. Bisher gab es Probleme Platz und Geld dafür aufzubringen.

    Der genaue Wortlaut des Briefes:

    „We do not want extra bonus, or money. We only play for Greece and its people. All we want is for you to support our effort to find a land and create a sports center that will house our National team“

    Alle 23 Spieler unterzeichneten diese Aussage, nachdem sie es erstmals in der griechischen Fußballgeschichte die KO-Phase einer WM erreichten.
    (via)

  • Die Falschmeldung der Narbenrasur

    Jetzt wird das hier ja langsam zum Bildblog, aber was sein muss, muss sein. Die WM hat ihre nächste herzerweichende Geschichte, die große Bahnen zieht. Dieses Mal geht es um die Frisur von Cristiano Ronaldo.

    Einen Blitz hat sich der portugiesische Überfußballer in die Seite rasieren lassen. Wie albern. Oder doch nicht? Im März wurde Ronaldo von einer Hilfsorganisation angefragt, ob er ein signiertes Trikot für eine Versteigerung bereit stellen kann, bei der die Operation eines schwerkranken kleinen Jungens finanziert werden soll. Der kleine Erik leidet an kortikaler Dysplasie, einer angeborenen Erkrankung der Großhirnrinde durch die er bis zu 30 epileptische Anfälle pro Tag hatte. Ronaldo ließ ein Trikot schicken, legte noch ein paar Schuhe obendrauf und bezahlte kurzerhand die kompletten 50.000€ für die notwendige Operation selbst. Großartige Aktion. (Die im Gegenteil zum nun Folgenden auch der Realität entspricht.)

    Nun zurück zur Frisur. Die ist nämlich gar kein Modegag und hat stattdessen sehr viel Tiefgang, denn sie ist gar kein Blitz, sondern der Narbe des kleinen Erik nach seiner Operation am Hirn nachempfunden. Hach. Was für eine tolle Geste.

    Nur … wer behauptet das eigentlich? Seitens Ronaldo absolut niemand und seitens der Familie des operierten Jungen ebenfalls niemand? Hmmm. Quelle ist dieser Tweet hier:

    Sieht halbwegs seriös aus, der dazugehörige Twitteraccount @2014WorIdCup ist allerdings alles andere als offiziell. Das kleine L im Namen „World Cup“ ist ein großes I, in der Beschreibung steht „(Not affifilated with the FIFA World Cup) *Parody*“ und bis vorhin folgte dieser Account einzig und allein Vanessa Huppenkothen. Die junge Dame ist für den mexikanischen Sender „Televisa Deportes“ in Brasilien und wurde kürzlich zur hottesten WM-Moderatorin gewählt. Wer bis hierhin recherchiert hat, dem dürften bereits einige Alarmglocken angegangen sein. Es geht aber noch weiter.

    Wo hat dieser Twitteraccount als scheinbar einzige Quelle diese Info her? Von diesem jungen Herren hier:

    Ein Blick auf sein Profil verrät, dass er wahrscheinlich ein nicht allzu feinsinniger Teenager ist, der ansonsten Sachen wie diese hier schreibt:

    Wir fassen an dieser Stelle kurz zusammen: Das Hirngespinst eines Teenagers ist der Ursprung dieser Geschichte, von irgendeiner halbwegs offiziellen Seite gab es nicht im geringsten eine Aussage dazu. HAAAAALT STOP! Aber es ist doch so ergreifend und bringt bestimmt jede Menge Klicks. Na gut, okay.

    Unter Anderem berichten darüber: Handelsblatt, Focus, WAZ, Rheinische Post, BZ, Focus und diverse Prominews-Portale. Nirgends wird eine Quelle genannt und alle berichten nicht von einer Vermutung, sondern von einer Tatsache.

    Die BILD schrieb anfangs (wenn sich mein müder Kopf recht entsinnt) sogar davon, dass Sport Bild das Ganze aufgedeckt hätte, allerdings rudern die gerade als erste zurück und schreiben immerhin, dass es keine offizielle Bestätigung gibt.

    Wir halten kurz fest, dass diverse deutsche Medienhäuser über das Hirngespinst eines Twitter Users, dessen häufigstes Wort „LMAO“ ist, berichten.

    Und damit immer noch nicht genug: Mittlerweile meldete sich die Mutter des kleinen Erik zu Wort und stellte klar, dass es sich bei der Frisur nicht um eine nachempfundene Narbe der Operation handelt. Die Operation fand bisher nämlich noch gar nicht statt.

    Hätten wir das also auch geklärt und wünschen Erik weiterhin alles Gute.